Mein Körper, dein Körper

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Fallgeschichten

Wie ein Bein verschwindet

Vor mir sitzt Hannes. Er ist drei Jahre alt, nach einer Hirnblutung hat er eine Hemiparese entwickelt. Sein rechter Fuß zeigt den klassischen Spitzfuß, das rechte Bein hält er angewinkelt. Er kann es kaum willentlich bewegen und mag es nicht.

Hannes ist klug, er kann bereits bis dreizehn zählen und tut es mit Begeisterung. Wir zählen Beine. Mama hat zwei. Ich habe zwei. Hannes hat – eins. Wir zeigen es ihm, klopfen damit auf den Boden, bewegen es. Wir zeigen ihm seine Schuhe. Widerwillig stimmt er zu – zwei Schuhe. Aber er bleibt dabei: ein Bein.

Obwohl er mühelos in der Lage ist bis dreizehn zu zählen, sind wir nicht in der Lage, ihn davon zu überzeugen, dass er zwei Beine hat. Wie kann das sein?

Selbstverständlich hatte Hannes intensive Erfahrungen mit Physiotherapie und regelmäßiger Förderung. Nur die Frage, wessen Bein er da eigentlich warum bewegen soll, wurde nie gestellt. Sie ist auch nicht ganz so leicht zu beantworten, wie man denkt.

Scheinbar Selbstverständliches

Bevor wir unseren Körper steuern können, müssen wir erst einmal eine Ahnung davon entwickeln, was unser Körper überhaupt ist: Was gehört eigentlich zu mir? Wie lang ist mein Arm? Wie fühlt sich Arm an? Warum ist das, was ich im Ellbogen mache, wichtig für das, was ich an der Hand fühle, und was fühlt sich besser an? Dieses Wissen ist nicht angeboren, es wird über Erfahrung und Empfindung erworben.

Alle diese Informationen sammeln Kinder in den ersten Lebensmonaten, häufig noch bevor sie sich zielgerichtet bewegen können. Der wichtigste Faktor ist Bewegung - und sensorische Empfindung, die das Kind im Spiel mit sich selbst erwirbt und verarbeitet.

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